Samstag, 12. Mai 2018

Fast 60.000 honduranischen Migranten droht Abschiebung aus USA


Honduras zählt zu den unsichersten Ländern der Welt. US-Regierung sieht günstige Bedingungen für Rückkehr und hebt temporären Schutzstatus auf

Washington. Seit langem angedroht und nun Realität: Zehntausende Honduraner verlieren ihren vorübergehenden Schutzstatus (Temporary Protected Status, TPS) in den USA. Laut der Bekanntgabe von US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen vom 4. Mai haben die rund 57.000 Betroffenen nun 18 Monate Zeit das Land freiwillig zu verlassen. Andernfalls droht ihnen danach die Abschiebung in ihr Herkunftsland. Viele der Betroffenen leben bereits seit Jahren in den USA und haben dort eine feste Arbeitsstelle und Familien.
Rechtsanwälte in den USA protestieren gegen die Aufhebung des Schutzstatus' für 
honduranische Migranten und fordern die Umwandlung des TPS in ein Aufenthaltsrecht

 Das TPS-Programm erlaubte Menschen in den USA zu leben und zu arbeiten, wenn sie aus von schweren Krisen betroffenen Ländern kommen. Honduras fiel darunter, als 1998 Hurrikan Mitch das Land verwüstete und in seiner Entwicklung extrem zurückwarf. Nielsen argumentiert nun, dass die aktuellen Voraussetzungen in Honduras die Aufhebung des Schutzstatus' erlauben. Damit bezieht sie sich auf die Folgen des Hurrikans, ignoriert jedoch die politische Instabilität und steigende Kriminalität im Land.

Mit dem von den USA geduldeten Putsch gegen den demokratisch gewählten fortschrittlichen Präsidenten Manuel Zelaya im Jahr 2009 begann eine politische Abwärtsspirale und stürzte das Land in eine tiefe Krise. Gerade die Präsidentschaftswahlen im vergangenen November offenbarten dies wieder deutlich: der alte und nun wieder eingesetzte Präsident Juan Orlando Hernández konnte sein Amt wohl nur durch Wahlbetrug halten. Anhaltende Proteste und massive Repression sind die Folge. Dazu kommen Korruption auf Regierungsebene, florierender Drogenhandel und damit verbunden die drastische Zunahme von Bandenkriminalität. Verfolgung, Einschüchterungen und Morde an Aktivisten sozialer Bewegungen, Menschenrechtsverteidigern und Journalisten und eine weitgehende Straflosigkeit sind an der Tagesordnung. Jüngstes Beispiel ist die Ermordung des Menschenrechtsanwalts Carlos Hernández am 4. April.

Nach dem Global Peace Index 2017 zählt Honduras mit zu den unsichersten Ländern der Welt und wurde 2016 innerhalb eines unabhängigen Rechtsstaatlichkeitsindexes neben El Salvador als eine der tödlichsten Regionen außerhalb von Konfliktgebieten eingestuft, Auch das scheinen für die US-Regierung keine Gründe zur Aufrechterhaltung des TPS zu sein.
Die schwierige Lage schlägt sich auch im Anstieg der Asylanträge nieder. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen versuchten allein im Jahr 2016 rund 19.500 Honduraner in den USA Asyl zu bekommen.

Die Regierung von Honduras bedauerte indes die Entscheidung Washingtons und kündigte eine diplomatische Offensive an, um den Aufenthaltsstatus der betroffenen Honduraner zu regulieren. Migrantenorganisationen wie das Centro Presente in Boston halten es jedoch für äußerst schwierig, Alternativen für die Regulierung des Aufenthaltsstatus zu finden und sehen den Beschluss als Teil eines Planes zur weiteren Kriminalisierung von Migranten in den USA. Parteien der honduranischen Opposition forderten im Kongress Konsequenzen und sprachen sich unter anderem im Gegenzug für die Schließung von US-Militärbasen in Honduras aus.

In den USA leben mehr als 1,1 Millionen honduranische Migranten, die jährlich mehr als 4,2 Milliarden US-Dollar an ihre Familien senden. Das macht fast ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes von Honduras aus.

National wie auch international war das TPS anerkannt. Selbst unter dem ehemaligen republikanischen Präsidenten George W. Bush wurden jährlich 100.000 Geflüchtete aufgenommen, unter Barack Obama waren es 110.000. Entgegen aller Proteste ist Präsident Donald Trump bestrebt, die Flüchtlingszahl auf 45.000 zu begrenzen. Damit werde die Anzahl der Zulassungen auf den Stand der 1980er-Jahre zurückgehen, kritisierte Amnesty International.

Unbeirrt von jeglicher Kritik kündigte Trump bereits den Schutzstatus für Menschen aus El Salvador, Haiti, Nepal, Nicaragua und Sudan auf. Zudem versucht er, das 2012 von Obama initiierte Deferred Action for Childhood Arrivals-Programm aufzulösen, das bestimmte illegale Einwanderer, die bereits als Minderjährige in die USA gekommen waren, für zwei Jahre vor einer Abschiebung schützt und ihnen den Zugang zu einer Arbeitserlaubnis ermöglicht. Dies konnte bisher von Gerichten erfolgreich verhindert werden. Dagegen gelang ihm die Einstellung des Central American Minors Programms, das von Gewalt und Bandenkriminalität bedrohten Jugendlichen die Chance gab, zu legal in den USA lebenden Verwandten reisen zu können.

Nach offiziellen Angaben sind etwa 425.000 Menschen aus Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens vom Ende der Schutzprogramme betroffen.