Sonntag, 21. Januar 2018

Militär erschießt 76jährigen Mann und attackiert Mitglieder der Umweltorganisation MADJ in San Juan Pueblo


Landesweit zahlreiche Verletzte, gewalttätige Razzien und willkürliche Festnahmen 
 
(20./21. Januar 2018 – HondurasDelegation). Ein hohes Aufgebot an Militär und Polizei versuchte bereits am Samstagmorgen, den Auftakt der Protestwoche gegen den neuerlichen Amtsantritt von Präsident Hernández vollständig zu unterbinden. Trotzdem kam es im Lauf des Tages vielerorts zu Straßensperren und Demonstrationen, illegalen Festnahmen und Schwerverletzten. In dem Ort Sabá, im Norden von Honduras, wurde ein 76jähriger Mann, Anselmo Villareal, der auf seinem Fahrrad unterwegs war, von einer Armeekugel getroffen und starb wenig später.
Auf den Reporter Dassaev Aguilar Moncada des Senders HispanTV feuerte Militärpolizei eine Tränengranate ab, die ihm ein Bein brach. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte und die nationale Menschenrechtsombudsstelle CONADEH gaben Kommuniqués heraus, die erneut das Ende der Militärgewalt gegen Demonstrant*innen, den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und Medienschaffenden forderten.
In den sozialen Netzwerken gab es zahlreiche Meldungen über Razzien durch staatliche Sicherheitskräfte und verschleppte Personen, die bis Sonntagmittag nicht im Detail zu verifizieren waren. Die Menschenrechtsorganisation COFADEH äußerte sich besorgt über mehrere willkürliche Festnahmen, u. a. die des Studenten Nery Cruz am Samstagnachmittag. Cruz war einer der führenden Köpfe des studentischen Hungerstreiks an der Nationalen Universität im vergangenen Juni.
Auch Menschen, die sich den Protesten nicht anschließen wollen oder können, bleiben weiterhin nicht verschont. Aus Tegucigalpa erreichte uns z.B. am Mittag honduranischer Zeit ein Bericht einer Ärztin, die versuchte einer völlig unbeteiligten alten Frau und ihrer Enkelin zu helfen, deren Räume mit Tränengas eingenebelt wurden.

Dringender Hilferuf nach Sicherheitsgarantien für Menschenrechtsverteidiger*innen 

Martín Fernández, Generalkoordinator des MADJ ist akut von der Militärpolizei bedroht. Bildquelle: MADJ

In der Nacht vom Samstag auf Sonntag, 21. Januar umstellten Polizei und Militär ein Haus in San Juan Pueblo, in dem sich der Generalkoordinator der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation MADJ, Martín Fernandez und mehrere MADJ-Mitglieder sowie ein internationaler Menschenrechtsbeobachter aufhalten. Die Sicherheitskräfte warfen dem Vernehmen nach eine Tränengasgranate und schlugen die Scheiben von Fernández’ Auto ein. Mehrere Offiziere der Militärpolizei drangen in das Haus ein und bedrohten Fernandez und den internationalen Begleiter aus nächster Nähe mit ihren automatischen Feuerwaffen. Bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung am Morgen des 21. Januar honduranischer Zeit hatte niemand interveniert, um die Angreifer von ihrem Tun abzuhalten. MADJ fordert dringend Garantien für die Sicherheit seiner Begleiter und Mitglieder. Mindestens vier von ihnen wurden am Samstag festgenommen, ihr Aufenthaltsort ist bisher nicht bekannt.